Wenn das Windrad mit dem Netz redet
Im Internetzeitalter schwer vorstellbar, aber bei der Sicherheit der Stromversorgung stimmen sich die Beteiligten kaum miteinander ab. Eine neue Digital-Kooperation soll das ändern.
Ein Brennpunkt der Energiewende ist derzeit Schleswig-Holstein. Immer wieder müssen Windkraftanlagen abgeregelt werden, weil es zu wenig Leitungen gibt, um den Grünstrom abzutransportieren. Weicht die tatsächliche Einspeisung zu weit von den Prognosen ab, provoziert das die Gefahr von Black-outs. Doch bisher merken die für die Sicherheit zuständigen Betreiber der Übertragungsnetze erst sehr spät, wenn Windparks unvorhergesehen viel oder wenig Strom in die Leitungen drücken. Der Netzbetreiber Tennet, der auch für den hohen Norden der Republik zuständig ist, kooperiert deshalb nun mit dem Windkraftvermarkter Statkraft.
Künftig leitet Statkraft Daten zur aktuellen und möglichen Stromerzeugung aus sieben Windparks mit 95 Megawatt (MW) an Tennet weiter, wie beide Unternehmen vor Kurzem bekannt gaben. „Angesichts des schnell wachsenden Anteils der erneuerbaren Energien werden dezentrale und zeitnahe Daten der Windstromerzeugung immer wichtiger. Mit ihnen können wir deutlich verlässlicher die Einspeisung der Erneuerbaren prognostizieren", ließ Tennet-Geschäftsführer Urban Keussen mitteilen. „Das trägt dazu bei, dass wir das Stromnetz auch mit einem wachsenden Anteil an fluktuierendem Grünstrom sicher und wirtschaftlich betreiben können."
Verträge enthalten bereits Klauseln zur Datennutzung
Die Einspeisedaten erhält Statkraft von den Betreibern der Windparks, weil das Unternehmen den erzeugten Strom in deren Auftrag an der Börse vermarktet. Die Verträge enthalten bereits Vereinbarungen zur Nutzung der Einspeisedaten, für die Weitergabe an Tennet hat sich Statkraft nach eigenen Angaben eine zusätzliche Einwilligung der Windpark-Betreiber eingeholt. Die technischen Schnittstellen zu den Windrädern stellt der Dienstleister energy & meteo systems, der die Daten erhebt und an Statkraft weiterleitet.
Einen direkten Nutzen hat Statkraft bisher nicht. „Im Moment betrachten wir die Kooperation mit Tennet als Investition in die Zukunft", sagt Projektleiter Michael Schwarz auf Anfrage. „Perspektivisch wollen wir mit einem transparenten Datenaustausch erreichen, dass wir zum Beispiel Einspeisemanagementmaßnahmen für unsere Kunden einfacher abrechnen können, indem wir die entsprechenden Daten zeitnah und in einem einheitlichen Format zur Verfügung gestellt bekommen. Wünschenswert wäre auch, dass wir als Direktvermarkter bereits vor einer Einspeisemanagementmaßnahme über diese informiert werden."
Ein besserer, digitaler Informationsaustausch würde die komplizierten Abrechnungen automatisieren und so Kosten sparen.
Manuel Berkel / bizz energy